Autor: Technische Abteilung Mycond
Die Wahl der richtigen Luftentfeuchtungsmethode ist eine der zentralen ingenieurtechnischen Aufgaben bei der Planung von Klima- und Lüftungssystemen. Eine falsch gewählte Methode kann zu erheblichen Mehrverbräuchen an Energie, zum Verfehlen der Zielwerte des Raumklimas sowie zu vorzeitigem Ausfall der Geräte führen. In der Praxis gibt es zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze zur Entfernung überschüssiger Feuchte aus der Luft: die kältebasierte Entfeuchtung (cooling-based dehumidification) und die Adsorptionsentfeuchtung (desiccant dehumidification).
Die erste Methode beruht auf dem physikalischen Prinzip der Kondensation von Feuchtigkeit, wenn Luft unter die Taupunkttemperatur abgekühlt wird. Dieser Ansatz wird in Kondensations-Luftentfeuchtern sowie in den meisten Wohn- und gewerblichen Klimageräten verwendet. Die zweite Methode nutzt Materialien mit niedrigem Dampfdruck an der Oberfläche (Desiccants), die Wassermoleküle aus der Luft aufgrund unterschiedlicher Partialdrücke anziehen. Diese Technologie kommt in Adsorptions-Luftentfeuchtern zum Einsatz, die vorwiegend in der Industrie verwendet werden.
Kältebasierte Entfeuchtung (cooling-based)
Das Funktionsprinzip eines Kondensationsentfeuchters beruht auf dem physikalischen Prozess, der bei der Abkühlung feuchter Luft abläuft. Wird Luft abgekühlt, nimmt ihre Fähigkeit, Wasserdampf zu halten, ab. Beim Erreichen des Taupunkts beginnt überschüssige Feuchte auf den kalten Oberflächen des Wärmetauschers zu kondensieren. Dieses Kondensat wird gesammelt und in das Entwässerungssystem abgeführt. Nach dem Durchgang durch den kalten Wärmetauscher ist die Luft deutlich trockener, jedoch auch kühler.

Um eine behagliche Temperatur bei gleichzeitiger Absenkung der relativen Feuchte zu erreichen, muss die gekühlte Luft häufig nacherwärmt werden. Das liegt daran, dass die relative Luftfeuchte nach dem Kühlregister meist nahe 100% liegt. Durch die Nacherwärmung sinkt diese Feuchte ohne zusätzliche Befeuchtung auf ein komfortables Niveau von 40-60%.
Typen kältebasierter Entfeuchtungssysteme
- Direktexpansionssysteme (DX) - nutzen einen Verdampfer, in dem das Kältemittel entspannt und direkt abgekühlt wird, wobei es der Luft Wärme entzieht. Dies ist der am weitesten verbreitete Systemtyp für Wohn- und Gewerbeanwendungen aufgrund der relativen Einfachheit und der geringen Kosten.
- Kaltwasser- bzw. Glykol-Systeme (chilled water oder glycol) - verwenden ein Zwischenwärmeträgermedium (Wasser oder Glykol), das in einem Kaltwassersatz gekühlt und anschließend durch einen Wärmetauscher geleitet wird, wo es die Luft abkühlt. Solche Systeme werden häufig in großen gewerblichen Anlagen eingesetzt.
- Dehumidification-Reheat-Systeme - Modifikation standardmäßiger Kälteanlagen, bei der die Kondensatorwärme zur Nacherwärmung der Luft nach dem Kühlregister genutzt wird. Dadurch steigt die Energieeffizienz der Entfeuchtung, da die beim Kühlen freiwerdende Wärme zum Erwärmen wiederverwendet wird.
Vorteile kältebasierter Entfeuchtungssysteme
- Hohe Energieeffizienz bei hoher Umgebungsfeuchte (COP 2,0-4,5)
- Gleichzeitiges Kühlen und Entfeuchten - ideal für Klimazonen, in denen beide Funktionen benötigt werden
- Bewährte und weit verbreitete Technologie mit großer Geräteauswahl
- Niedrigere Anfangsinvestition im Vergleich zu Desiccant-Systemen
- Einfachere Regelung der Parameter mit Standard-Automationssystemen
Einschränkungen der kältebasierten Entfeuchtung
Die kritischste Einschränkung der Kondensationsmethode ist der minimal erreichbare Taupunkt von etwa +4...+7°C. Das ist darauf zurückzuführen, dass bei niedrigeren Temperaturen das Kondensat am Wärmetauscher zu gefrieren beginnt, wodurch sich eine Eisschicht bildet, die den Luftstrom blockiert und den Wärmeübergang reduziert.
Weitere wesentliche Einschränkungen sind:
- Deutlicher Effizienzverlust bei niedrigen Außentemperaturen (unter +10°C)
- Gesättigte Luft am Austritt, die eine zusätzliche Nacherwärmung erfordert
- Ineffizienter Betrieb bei Teillast
- Umweltaspekte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Kältemitteln
Adsorptionsbasierte Entfeuchtung (desiccant)
Die Desiccant-Methode basiert auf der Physik der Adsorption von Feuchte durch spezielle Materialien. Desiccants weisen an ihrer Oberfläche einen äußerst niedrigen Wasserdampfdruck auf, weshalb Wassermoleküle aus der Luft (mit höherem Partialdruck) natürlicherweise zum adsorbierenden Material wandern. Dieser Prozess erfolgt ohne Phasenwechsel des Wassers und erfordert keine Luftkühlung.

Arbeitszyklus eines rotierenden Adsorptionsentfeuchters
Die gebräuchlichste Bauart eines Adsorptionsentfeuchters umfasst ein langsam rotierendes Sorptionsrad, das zwischen zwei Luftströmen angeordnet ist:
- Prozessluftstrom (Luftaufbereitung) - feuchte Luft strömt durch den größeren Teil des Rades (typisch 75% der Fläche), wo der Desiccant Feuchte adsorbiert. Dabei wird Adsorptionswärme frei, die die Lufttemperatur anhebt.
- Regenerationsluftstrom (Regeneration des Desiccants) - heiße Luft mit 120-250°C strömt durch den kleineren Teil des Rades (25% der Fläche), verdampft die Feuchte aus dem Desiccant und stellt dessen Adsorptionsfähigkeit wieder her.
Wesentliche Desiccant-Typen für die Entfeuchtung
- Silicagel - der am weitesten verbreitete Adsorbens; besitzt eine Adsorptionskapazität von 10-40% des Eigengewichts, am wirksamsten bei 20-70% relativer Feuchte. Mit Silicagel lassen sich Taupunkte bis -20°C erreichen.
- Molekularsiebe - synthetische Zeolithe mit sehr präziser Porengröße, die extrem niedrige Taupunkte bis -40°C und darunter ermöglichen. Molekularsiebe sind besonders effizient bei niedriger relativer Feuchte.
- Lithiumchlorid - weist eine außerordentlich hohe Adsorptionskapazität (bis zu 1000% des Eigengewichts) auf und ist bei hoher relativer Feuchte am wirksamsten. Allerdings ist es korrosiv und erfordert besondere Handhabung.
Vorteile von Desiccant-Entfeuchtungssystemen
- Nahezu unbegrenzter erreichbarer Taupunktbereich - Entfeuchtung bis -60°C und darunter möglich
- Einsatzfähig bei beliebigen Temperaturen, inklusive im Minusbereich
- Sehr trockene Austrittsluft ohne tiefgehende Kühlung
- Energieflexibilität - Nutzung verschiedener Wärmequellen zur Regeneration (Gas, Dampf, Abwärme)
- Möglichkeit, Entfeuchtung mit Beheizung zu kombinieren in der kalten Jahreszeit
- Hohe Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der Anlage (15-25 Jahre)
Nachteile der Desiccant-Entfeuchtung
Der Hauptnachteil von Adsorptionsentfeuchtern ist der hohe Wärmeenergiebedarf zur Regeneration des Desiccants. Um 1 kg Feuchte aus dem Desiccant auszutreiben, werden 3000-4000 kJ Wärmeenergie benötigt - deutlich mehr als die Energie, die zur Kondensation derselben Feuchtemenge in Kälteanlagen erforderlich ist.
Weitere Einschränkungen sind:
- Erhöhte Austrittstemperatur der Luft (für Komfort ist zusätzliche Kühlung erforderlich)
- Komplexere Regelung
- Mögliche Verschmutzung des Desiccants durch Partikel aus der Luft
- Höhere Anfangsinvestition
Vergleich der Entfeuchtungsmethoden
| Parameter | Cooling-based | Desiccant |
|---|---|---|
| Erreichbarer Taupunkt | +4...+7°C (durch Vereisung begrenzt) | Nahezu unbegrenzt (bis -60°C und darunter) |
| Betriebstemperaturbereich | +10...+35°C | -40...+60°C |
| Relative Feuchte am Austritt | Nahe 100% (vor Nacherwärmung) | 5-20% (abhängig vom Desiccant-Typ) |
| Austrittstemperatur | Niedriger (benötigt Nacherwärmung) | Erhöht (benötigt Kühlung) |
| Energieeffizienz bei hoher relativer Feuchte | Hoch (COP 2,0-4,5) | Mittel (abhängig von der Wärmequelle) |
| Energieeffizienz bei niedriger relativer Feuchte | Niedrig | Hoch |
| Energieart | Elektrisch | Thermisch + elektrisch für Ventilator |
| Anschaffungskosten | Niedrig bis mittel | Mittel bis hoch |
| Regelungskomplexität | Einfach | Komplexer |
| Lebensdauer | 7-15 Jahre | 15-25 Jahre |

Kombinierte Entfeuchtungssysteme
Zur Optimierung der Energieeffizienz der Luftentfeuchtung werden häufig kombinierte Systeme eingesetzt, die die Vorteile beider Methoden verbinden. Drei verbreitete Schemata sind:
1. Vorkühlung vor dem Desiccant
In diesem Schema strömt die Luft zunächst durch ein Kälteaggregat und wird auf einen Taupunkt von etwa +4...+7°C abgekühlt, wodurch ein wesentlicher Teil der Feuchte durch Kondensation entfernt wird. Anschließend wird die Luft in den Adsorptionsblock geführt, der den Feuchtegehalt bis zum angestrebten niedrigen Taupunkt senkt.
Diese Kombination reduziert die Belastung des Desiccant-Entfeuchters und verringert den Wärmebedarf für die Regeneration um 30-50%, im Vergleich zur reinen Adsorptionsmethode.
2. Saisonale Umschaltung
Systeme mit der Möglichkeit, saisonal zwischen Kondensations- und Adsorptionsverfahren umzuschalten, erlauben eine Optimierung des Energieverbrauchs in Abhängigkeit von den Außenbedingungen. In der warmen, feuchten Jahreszeit (Sommer) wird die kältebasierte Entfeuchtung genutzt, in der kalten Jahreszeit (Winter) - desiccant dehumidification.
Dieser Ansatz ist besonders effektiv in Klimazonen mit großen saisonalen Schwankungen von Temperatur und Feuchte.
3. Nutzung von Abwärme
Eine der energieeffizientesten Lösungen ist die Nutzung der Abwärme von Kälteanlagen (Kondensatorwärme) zur Regeneration des Desiccants. Ein solches Schema kann in Objekten mit gleichzeitigem Kühlbedarf und tiefer Entfeuchtung (zum Beispiel in Supermärkten) bis zu 40% Energie einsparen.
Wirtschaftlichkeit der Entfeuchtungsmethoden
Fall 1: Wohnkeller mit hoher Feuchte
Für einen typischen Wohnkeller in Österreich mit hoher Feuchteproblematik und einem Ziel-Taupunkt von +12...+15°C ist ein Kondensations-Luftentfeuchter die optimale Lösung. Gründe:
- Der Ziel-Taupunkt liegt deutlich über der Vereisungsgrenze (+4°C)
- Die Raumtemperatur ist üblicherweise stabil und liegt im behaglichen Bereich
- Es besteht kein Bedarf an extrem niedriger Feuchte
- Geringere Anschaffungs- und Installationskosten
- Einfache Bedienung ohne spezielles Fachwissen
Fall 2: Pharmazeutisches Labor
Für ein pharmazeutisches Labor in Wien mit der Anforderung, einen Taupunkt unter 0°C zu halten, ist die Kondensationsmethode aufgrund der Vereisungsgrenze physikalisch nicht möglich. In diesem Fall ist optimal:
- Ein reines Desiccant-System (sofern eine günstige Wärmequelle verfügbar ist)
- Ein kombiniertes System (für maximale Energieeffizienz)
In der pharmazeutischen Produktion sind dauerhaft niedrige Feuchtewerte erforderlich, um die Eigenschaften hygroskopischer Materialien zu erhalten und prozesstechnische Genauigkeit sicherzustellen; daher sind zusätzliche Investitionen in desiccant dehumidifier wirtschaftlich gerechtfertigt.
Entscheidungshilfe zur Wahl der Entfeuchtungsmethode
Zur Vereinfachung der Auswahl der geeigneten Luftentfeuchtungsmethode können folgende Empfehlungen herangezogen werden:
- Wenn der Ziel-Taupunkt über +5°C liegt und eine hohe Außenfeuchte vorliegt → wählen Sie cooling-based Entfeuchtung als energieeffizienteste Lösung.
- Wenn ein Taupunkt unter +5°C erforderlich ist und eine günstige Wärmequelle verfügbar ist → ist desiccant-Entfeuchtung optimal.
- Wenn sehr niedrige Taupunkte bei maximaler Effizienz benötigt werden → ziehen Sie ein kombiniertes System in Betracht.
Häufige Fragen zu Entfeuchtungsmethoden (FAQ)
Warum ist der Kondensationsentfeuchter im Winter ineffizient?
Ein Kondensationsentfeuchter verliert bei niedrigen Temperaturen an Effizienz, weil kalte Luft absolut weniger Feuchte enthält. Zudem verringert sich die Temperaturdifferenz zwischen Luft und Kühler, was die Kondensationseffizienz reduziert. Bei Außentemperaturen unter +10°C sinkt die Energieeffizienz kältebasierter Systeme stark.
Welcher minimale Taupunkt ist mit kältebasierten Systemen erreichbar?
Der praktisch erreichbare minimale Taupunkt kältebasierter Entfeuchtungssysteme liegt bei etwa +4...+7°C. Das ist darauf zurückzuführen, dass bei niedrigeren Temperaturen das Kondensat am Wärmetauscher zu gefrieren beginnt, den Luftstrom blockiert und den Wärmeübergang reduziert.
Wann ist die Desiccant-Entfeuchtung wirtschaftlich vorteilhafter?
Adsorptionsentfeuchtung ist in folgenden Fällen wirtschaftlich vorteilhafter:
- Wenn ein Taupunkt unter +5°C gefordert ist
- Beim Betrieb in kaltem Klima (unter +10°C)
- Wenn eine günstige Wärmequelle zur Regeneration verfügbar ist (Abwärme, Solarenergie, Gas)
- Für Prozesse, die sehr niedrige Feuchte erfordern
Können beide Entfeuchtungsmethoden kombiniert werden?
Ja, kombinierte Systeme zeigen häufig die beste Energieeffizienz. Das verbreitetste Schema umfasst die Vorkühlung der Luft auf einen Taupunkt von +4...+7°C mit anschließender Nachtrocknung mittels Desiccant. So wird der Großteil der Feuchte auf dem energieeffizientesten Weg (Kondensation) entfernt und niedrige Taupunkte durch Adsorption erreicht.
Wie beeinflusst die Temperatur die Wahl der Entfeuchtungsmethode?
Die Temperatur ist einer der Schlüsselfaktoren bei der Wahl der Methode:
- Bei Temperaturen über +15°C sind kältebasierte Systeme in der Regel energieeffizienter
- Bei Temperaturen unter +10°C werden Desiccant-Systeme vorteilhafter
- Bei sehr niedrigen Temperaturen (unter 0°C) arbeiten Kondensationssysteme generell nicht effizient
Welche Branchen benötigen Desiccant-Entfeuchtung?
Adsorptionsentfeuchtung wird am häufigsten in folgenden Bereichen eingesetzt:
- Pharmazeutische Produktion (Taupunkt -20...0°C)
- Lebensmittelindustrie (Produkttrocknung)
- Elektronikfertigung (Taupunkt -40...0°C)
- Rüstungsbereich (Ausrüstungslagerung)
- Museen und Archive (Konservierung von Artefakten)
- Eisarenen (Vermeidung von Kondensation)
- Wasseraufbereitungsanlagen (Korrosionsschutz)

Praktische Schlussfolgerungen
Beide Luftentfeuchtungstechnologien haben ihre Berechtigung und jeweils optimale Einsatzfelder. Die Wahl zwischen kältebasierter und desiccant Methoden der Entfeuchtung sollte auf einer ganzheitlichen Analyse beruhen:
- Ziel-Taupunkt und Anforderungen an die Feuchte
- Betriebstemperaturbereich in Innenräumen und Außenbedingungen
- Verfügbare Energieressourcen und deren Kosten
- Investitions- und Betriebskosten über den Lebenszyklus
- Spezifische Anforderungen des Prozesses oder Raums
In vielen Fällen bieten kombinierte Systeme das beste Verhältnis von Effizienz und Kosten, insbesondere bei Projekten mit niedrigen Taupunktanforderungen. Unabhängig von der gewählten Methode sind fachgerechte Planung, Installation und Wartung der Entfeuchtungsanlage entscheidend für langfristige Effizienz und Zuverlässigkeit.