Autor: Technische Abteilung Mycond
Luft ist nicht nur ein Gasgemisch, sondern ein komplexes System, in dem Wasserdampf eine entscheidende Rolle bei der Ausprägung der Eigenschaften spielt. Gerade der Feuchtegehalt und seine Verteilung bestimmen den thermischen Komfort, den Energieverbrauch technischer Anlagen sowie die Langlebigkeit von Baukonstruktionen. Für Ingenieure der Heizung-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK) ist das Wissen über die Parameter feuchter Luft die Grundlage der professionellen Tätigkeit, insbesondere bei der Auslegung von Anlagen unter unterschiedlichen Klimabedingungen – von den trockenen alpinen Regionen rund um Innsbruck bis zu den feuchteren Tieflagen von Wien oder Graz.
Um professionell mit feuchter Luft zu arbeiten, muss der Ingenieur die sieben Schlüsselparameter sicher beherrschen, die es erlauben, den Zustand der Luft präzise zu beschreiben und ihr Verhalten unter verschiedenen Bedingungen vorherzusagen. Sehen wir uns jeden davon im Detail an, denn sie bilden die Basis für alle Berechnungen und Entscheidungen im HLK-Bereich.
1. Temperatur des Trockenthermometers
Die Temperatur des Trockenthermometers (T) ist die gewöhnliche Lufttemperatur, gemessen mit einem Standardthermometer in °C. Sie heißt „trocken“, weil der Fühler nicht mit Wasser in Kontakt steht und die tatsächliche Lufttemperatur anzeigt, unbeeinflusst von Verdunstungsvorgängen.
Dieser Parameter beeinflusst das subjektive Komfortempfinden am stärksten. Für Wohnräume gelten im Winter 20–22 °C und im Sommer 23–25 °C als komfortabel. Für Büroräume ist ein Bereich von 21–23 °C optimal. Im psychrometrischen Diagramm liegt die Trockentemperatur auf der horizontalen Achse und lässt sich so leicht ablesen.
Die präzise Regelung der Trockentemperatur ist der erste Schritt zu einem komfortablen Raumklima in Salzburg oder Klagenfurt, wo rasche Wetterwechsel oft eine schnelle Anpassung von Heizungs- und Klimasystemen erfordern.

2. Relative Luftfeuchtigkeit
Die relative Luftfeuchtigkeit (RH oder φ) ist der Sättigungsgrad der Luft mit Wasserdampf in Prozent, bezogen auf den maximal möglichen Gehalt bei der jeweiligen Temperatur. Sie wird in Prozent (%) gemessen. Ein zentrales Merkmal dieses Parameters ist die starke Temperaturabhängigkeit.
Ein praktisches Beispiel: Winterluft mit −5 °C und 80 % relativer Feuchte enthält eine bestimmte Menge Wasserdampf. Wird diese Luft ohne Feuchtezufuhr auf +21 °C erwärmt, sinkt die relative Feuchte bei unverändertem absoluten Wassergehalt auf etwa 20 %. Das erklärt, warum die Luft in beheizten Räumen im Winter trocken wird, obwohl sie draußen feucht ist.
Der Komfortbereich der relativen Luftfeuchte liegt bei 40–60 %. Unter 30 % wird die Luft zu trocken, was zu Beschwerden an Schleimhäuten und Haut führt. Über 70 % wird die Luft als stickig empfunden und kann bei längerer Einwirkung Schimmelbildung fördern. Im psychrometrischen Diagramm haben die Linien der relativen Luftfeuchte eine gekrümmte Form.
Für Bewohner von Städten wie Bregenz oder Villach, wo die klimatischen Bedingungen häufig mit hoher Feuchte einhergehen, hilft das Verständnis dieses Parameters, Entfeuchtungssysteme richtig einzustellen.
3. Feuchtegehalt
Der Feuchtegehalt (d, w oder x) ist die reale physikalische Menge an Wasserdampf in der Luft und wird in Gramm Wasser pro Kilogramm trockener Luft (g/kg) gemessen. Der große Vorteil dieses Parameters: Er ist temperaturunabhängig, bleibt also beim Erwärmen oder Abkühlen der Luft konstant (sofern keine Kondensation oder Befeuchtung stattfindet).
Typische Feuchtegehalte:
- Trockener Wintertag in Wien: 2–4 g/kg
- Komfortbedingungen in Innenräumen: 6–9 g/kg
- Feuchter Sommertag in Linz: 12–18 g/kg
- Tropisches Klima: über 20 g/kg
Zur Berechnung der aus einem Raum zu entfernenden Feuchtigkeitsmenge verwendet man die Formel: mw = G × (d1 – d2), wobei mw die abgeführte Feuchtigkeitsmenge (g/h), G der Luftmassenstrom (kg/h) und d1 sowie d2 der Anfangs- und End-Feuchtegehalt (g/kg) sind.
Im psychrometrischen Diagramm wird der Feuchtegehalt durch horizontale Linien mit Skala auf der rechten Seite dargestellt, was ihn zu einem praktischen Instrument für die Analyse von Entfeuchtungs- und Befeuchtungsprozessen macht.
4. Taupunkttemperatur
Die Taupunkttemperatur (Td) ist die Temperatur, bei der die Luft den Sättigungszustand (100 % relative Feuchte) erreicht und Wasserdampf zu kondensieren beginnt. Sie wird in °C gemessen.
Die physikalische Bedeutung des Taupunkts: Liegt die Temperatur einer Oberfläche unter der Taupunkttemperatur der umgebenden Luft, bildet sich auf dieser Oberfläche Kondensat. Ein klassisches Beispiel ist ein Glas mit kaltem Wasser, das in einem warmen Raum „schwitzt“.

Für einen Raum mit 21 °C und 50 % relativer Feuchte liegt der Taupunkt bei etwa 10 °C. Besonders kritisch sind Kondensationssituationen an Fenstern im Winter sowie in der Wandebene, wo sich Feuchte ansammeln kann.
Praxisempfehlung: Um Kondensation zu vermeiden, sollten die Innentemperaturen von Raumoberflächen mindestens 2–3 °C über dem Taupunkt liegen. Im kühlen Klima von Feldkirch oder Innsbruck ist dies besonders relevant für die richtige Auslegung der Außendämmung.
Im psychrometrischen Diagramm wird die Taupunkttemperatur als Schnittpunkt der horizontalen Feuchtegehaltslinie mit der Sättigungskurve (linke vertikale Achse) bestimmt.
5. Partialdruck des Wasserdampfs
Der Partialdruck des Wasserdampfs (pv) ist der Druck, den die Wasserdampfmoleküle in der Luft erzeugen. Er wird in Pascal (Pa) oder Kilopascal (kPa) gemessen.
Die physikalische Bedeutung liegt darin, dass jedes Wassermolekül in der Luft auf die Umgebung „drückt“ und so einen bestimmten Druck erzeugt. Dieser Parameter ist für das Verständnis der Diffusion von Feuchte durch Baukonstruktionen entscheidend. Feuchte wandert von Bereichen mit höherem zu Bereichen mit niedrigerem Partialdruck.
Beispielsweise „drückt“ im Winter in Wien die Differenz der Wasserdampfpartialdrücke zwischen einem warmen Raum (etwa 1 200 Pa bei 21 °C und 50 % rF) und der kalten Außenluft (rund 300 Pa bei −5 °C und 80 % rF) die Feuchte durch die Wände nach außen. Dieser Faktor wird bei der Planung der Dampfsperre berücksichtigt.
Der Partialdruck des Wasserdampfs korreliert mit dem Feuchtegehalt und besitzt im psychrometrischen Diagramm eine Skala auf der rechten Seite, parallel zur Skala des Feuchtegehalts.
6. Enthalpie feuchter Luft
Die Enthalpie feuchter Luft (h oder i) ist die Gesamtenergie der feuchten Luft, die sowohl sensible Wärme (temperaturabhängig) als auch die latente Verdampfungswärme (abhängig vom Wasserdampfgehalt) umfasst. Sie wird in Kilojoule pro Kilogramm (kJ/kg) gemessen.
Zum Aufbau der Enthalpie: Für Luft mit 21 °C und einem Feuchtegehalt von 7,8 g/kg beträgt die Gesamtenthalpie etwa 41 kJ/kg. Davon sind ca. 21 kJ/kg sensible Wärme (temperaturbedingt) und etwa 20 kJ/kg latente Verdampfungswärme (7,8 g/kg × 2 500 kJ/kg = 19,5 kJ/kg).
Zum Vergleich: Die Verdampfung von 1 kg Wasser erfordert etwa 2 500 kJ Energie. Diese Energie verschwindet nicht, sondern bleibt als latente Wärme im Wasserdampf gespeichert.
Formel zur Berechnung der Leistung einer Klimaanlage: Q = G × (h1 – h2), wobei Q die Leistung (kW), G der Luftmassenstrom (kg/s) und h1 sowie h2 die Anfangs- und Endenthalpie (kJ/kg) sind.
Beispiel: Um 1 000 m³/h Luft (etwa 1 200 kg/h oder 0,33 kg/s) von einem Zustand mit 65 kJ/kg auf 40 kJ/kg zu kühlen, wird folgende Leistung benötigt: Q = 0,33 × (65 – 40) = 8,25 kW.
Im psychrometrischen Diagramm wird die Enthalpie durch diagonale Linien mit Skala im linken oberen Bereich dargestellt.
7. Feuchtkugeltemperatur
Die Feuchtkugeltemperatur (Tw) ist die Temperatur, die ein Thermometer anzeigt, dessen Fühler mit einem feuchten Tuch umwickelt ist, durch das Luft strömt. Sie wird in °C gemessen.
Physik des Prozesses: Wasser verdunstet aus dem feuchten Tuch, entzieht Wärme und kühlt das Thermometer. Je trockener die Luft, desto intensiver die Verdunstung und desto niedriger ist die Feuchtkugeltemperatur im Vergleich zur Trockentemperatur.
Zum Beispiel beträgt bei 21 °C und 50 % relativer Feuchte die Feuchtkugeltemperatur etwa 15 °C. Im Grenzfall 100 % relativer Feuchte ist Verdunstung nicht möglich, und die Feuchtkugeltemperatur entspricht der Trockentemperatur.
Dieser Parameter hat zwei Hauptanwendungen:
- Einfache Feuchtemessung mit dem Schleuderpsychrometer (Gerät mit zwei Thermometern – trocken und nass)
- Bewertung des Potenzials der Verdunstungskühlung – der minimalen Temperatur, auf die Luft mit Wasser ohne mechanische Kälte gekühlt werden kann
Beispiel: Bei Hitze mit 35 °C und 30 % relativer Feuchte beträgt die Feuchtkugeltemperatur etwa 22 °C, wodurch sich die Luft um 10–11 °C allein durch Wasserverdunstung kühlen lässt. Das wird in Kühltürmen und Systemen der adiabatischen Befeuchtung genutzt, die insbesondere im trockenen Klima Niederösterreichs sehr effizient sind.
Im psychrometrischen Diagramm verlaufen die Linien der Feuchtkugeltemperatur nahezu parallel zu den Enthalpiekurven.
Psychrometrisches Diagramm — Werkzeug des HLK-Ingenieurs
Das psychrometrische Diagramm ist ein grafisches Werkzeug, das alle sieben Parameter der feuchten Luft verknüpft und es ermöglicht, aus zwei bekannten Parametern alle anderen zu bestimmen. Es ist ein unverzichtbares Instrument für HLK-Ingenieure.
Die nützlichsten Parameterkombinationen für praktische Aufgaben:
- Temperatur + relative Luftfeuchte — die gängigste Kombination für einfache Messungen mit Standardgeräten
- Temperatur + Taupunkt — zur Kondensationskontrolle an Oberflächen
- Temperatur + Feuchtegehalt — für Berechnungen von Ent- und Befeuchtungsprozessen
Betrachten wir ein Praxisbeispiel: Kühlung der Außenluft von 32 °C und 70 % rF auf 22 °C.
Schritt 1: Anfangsparameter bestimmen. Bei 32 °C und 70 % rF beträgt der Feuchtegehalt etwa 22 g/kg, die Enthalpie 89 kJ/kg, der Taupunkt 26 °C.
Schritt 2: Der Kühlprozess verläuft im Diagramm zunächst entlang der Feuchtegehaltslinie bis zum Schnitt mit der Sättigungskurve (Taupunkt) und dann entlang der Sättigungskurve bis zur Zieltemperatur. Da 22 °C unter dem anfänglichen Taupunkt (26 °C) liegen, tritt Kondensation auf.
Schritt 3: Endparameter bestimmen. Bei 22 °C beträgt der Feuchtegehalt etwa 16,5 g/kg (gesättigter Zustand), die Enthalpie 64 kJ/kg.
Schritt 4: Kondensatmenge berechnen: m = G × (22 – 16,5) = 5,5 × G (g/kg), wobei G der Luftmassenstrom ist.
Schritt 5: Kälteleistung berechnen: Q = G × (89 – 64) = 25 × G (kJ/kg). Für einen Luftvolumenstrom von 1 000 m³/h (ca. 1 200 kg/h oder 0,33 kg/s): Q = 0,33 × 25 = 8,25 kW.

Typische Fehler im Umgang mit feuchter Luft
HLK-Ingenieure stoßen häufig auf typische Fehler im Umgang mit den Parametern feuchter Luft:
- Gleichsetzung der relativen Luftfeuchte mit der absoluten Wassermenge in der Luft
- Ignorieren der Änderung der relativen Feuchte beim Erwärmen der Luft
- Unterschätzung der Differenz der Wasserdampfpartialdrücke bei der Planung von Dampfsperren
- Nichtberücksichtigung der latenten Wärme in energetischen Berechnungen
Diese Fehler können zu gravierenden betrieblichen Folgen führen:
- Kondensation an Fenstern und Rohrleitungen, die Korrosion und Schäden an Oberflächen verursachen
- Feuchteakkumulation in Wänden, die zu Schimmelbildung und Schädigung der Baukonstruktionen führt
- Falsche Auslegung der Anlagengröße, was die Effizienz mindert oder die erforderlichen Raumklimaparameter nicht sicherstellt
- Unbehagen der Nutzer durch übermäßig trockene oder feuchte Luft
Häufige Fragen zu feuchter Luft
1. Warum ist es im Winter in der Wohnung trocken, obwohl es draußen feucht ist?
Winterluft mit −5 °C und 80 % relativer Feuchte hat beim Erwärmen auf 21 °C ohne Feuchtezufuhr nur noch rund 20 % relative Feuchte. Das liegt an der Änderung des maximal möglichen Wasserdampfgehalts mit der Temperatur. Kalte Luft kann wesentlich weniger Feuchte halten als warme.
2. Wie kann man den Taupunkt schnell ohne Messgeräte bestimmen?
Der Taupunkt lässt sich näherungsweise mit folgender Formel bestimmen: Td ≈ T − ((100 − RH) / 5), wobei T die Lufttemperatur und RH die relative Luftfeuchte in Prozent ist. Beispiel: bei 22 °C und 60 % rF: Td ≈ 22 − ((100 − 60) / 5) = 22 − 8 = 14 °C.
3. Was ist latente Wärme und warum ist sie wichtig?
Latente Wärme ist die Energie, die zur Verdampfung von Wasser aufgewendet wird und im Wasserdampf gespeichert bleibt. Bei der Kondensation wird diese Energie freigesetzt. Sie beträgt etwa 2 500 kJ/kg Wasser. In ingenieurtechnischen Berechnungen von Klimasystemen kann die latente Wärme in heißen, feuchten Bedingungen bis zu 60–70 % der Gesamtlast ausmachen.
4. Worin unterscheidet sich der Feuchtegehalt von der relativen Luftfeuchte?
Der Feuchtegehalt ist die physikalische Menge an Wasserdampf in der Luft (g/kg trockene Luft) und ist temperaturunabhängig. Die relative Luftfeuchte ist der Sättigungsgrad der Luft mit Wasserdampf in Prozent des maximal möglichen bei der jeweiligen Temperatur – sie ist daher stark temperaturabhängig.
5. Wie hilft die Feuchtkugeltemperatur bei der Beurteilung des Kühlungspotenzials?
Die Feuchtkugeltemperatur bestimmt die minimale Temperatur, auf die Luft durch Verdunstung von Wasser ohne mechanische Kälte gekühlt werden kann. Sie ist die theoretische Grenze für Verdunstungskühlungen, Kühltürme und adiabatische Befeuchtung.
6. Was bedeutet die Sättigungskurve im psychrometrischen Diagramm?
Die Sättigungskurve entspricht dem Zustand, in dem die Luft die maximal mögliche Menge an Wasserdampf bei der jeweiligen Temperatur enthält (100 % relative Feuchte). Jede Abkühlung oder zusätzliche Befeuchtung der Luft, die sich auf der Sättigungskurve befindet, führt zur Kondensation von überschüssiger Feuchte.

Fazit
Jeder der sieben Parameter feuchter Luft dient als Werkzeug zur Lösung spezifischer ingenieurtechnischer Aufgaben:
- Temperatur des Trockenthermometers — der Hauptparameter zur Sicherstellung des thermischen Komforts
- Relative Luftfeuchte — Schlüsselparameter für den Erhalt von Materialien, Kunstobjekten, Dokumenten und den allgemeinen Komfort
- Feuchtegehalt — Basisparameter für die Auslegung von Ent- und Befeuchtungssystemen
- Taupunkttemperatur — kritischer Parameter zur Vermeidung von Kondensation auf Oberflächen und in Konstruktionen
- Partialdruck des Wasserdampfs — maßgeblich für die Planung von Dampfsperren und die Berechnung der Feuchtediffusion
- Enthalpie — integraler Parameter für energetische Berechnungen von Klima- und Rückgewinnungssystemen
- Feuchtkugeltemperatur — Indikator für das Potenzial der Verdunstungskühlung und die Effizienz von Kühltürmen
Die souveräne Beherrschung dieser Parameter ermöglicht es HLK-Ingenieuren in österreichischen Städten — von Wien bis Bregenz — energieeffiziente Systeme zu planen, die unter allen Außenbedingungen ein optimales Raumklima gewährleisten und so die Gesundheit der Menschen sowie die Langlebigkeit der Gebäude fördern.